ForumOnline-Shop

Author Topic: Kurzgeschichten: Aufruf an alle Schreiberlinge / Snakes and ladders  (Read 1607 times)

Offline silver-moon-2000

  • Platinum Member
  • *****
  • Posts: 670
Hallo zusammen,

im englischen Teil des Forums hatte Sparky vor knapp zwei Wochen einen Aufruf gestartet, eine Kurzgeschichte zu schreiben: https://www.bracesforum.net/general/calling-all-writers/
Dadurch, dass der Aufruf im englischen Teil des Forums steht, richtet er sich - natürlich - bevorzugt an die Leute, die in englischer Sprache schreiben.

Ich möchte (ich hoffe, mit Sparkys Erlaubnis?) an dieser Stelle diesen Aufruf auch an alle Leute richten, die Geschichten in Deutsch schreiben.
Dieser Aufruf richtet sich explizit an ALLE Benutzer dieses Forums, nicht nur an die unter uns, die bereits regelmäßig (oder auch nur hin-und-wieder) Geschichten veröffentlichen.

Ziel soll es sein, eine Kurzgeschichte zu schreiben. Also mit maximal 2500 Worten eine Idee niederzuschreiben zum Thema Snakes and Ladders.

Klar ist, dass Schlangen und Leitern ein Brettspiel ist, das im deutschsprechenden Raum eher unter dem Begriff Leiterspiel bekannt ist.
Aber das ist sicher nicht die einzige Bedeutung, die man dem Thema anhängen kann?

Offline silver-moon-2000

  • Platinum Member
  • *****
  • Posts: 670
Das Leiterspiel

Alecia kichert still vergnügt vor sich hin, während sie die Würfel und Spielfiguren zurück in den Karton räumt. "Ach, Papa, jetzt mach' doch kein solches Gesicht! Man könnte ja beinahe meinen, dass es Dir keinen Spaß mehr macht."

"Doch, doch", schüttele ich den Kopf. "Nur: Fünf von fünf Spielen zu verlieren, DAS ist..."

Sie zuckt nonchalant mit den Schultern. "Was kann ICH denn dafür, dass Du so viel Pech hast?" Sie grinst mich breit an. Ihr Silberlächeln reflektiert das Licht der niedrigstehenden Sonne.

Ich nehme einen Würfel in die Hand: "Und Du bist sicher, dass die nicht manipuliert sind?"

Sie bläst die Backen auf. "Das sind doch DEINE Spiele. Außerdem verwenden wir denselben Würfel! Wie soll ich da..."

"War doch nicht ernst gemeint", wehre ich lächelnd ab.

Dann wird ihr Grinsen listig. "Also, was ist? Willst Du Deine Wettschuld jetzt nicht mal einlösen?"

Ich seufze: "Ich hätte mich nie darauf einlassen sollen. Es war so klar, dass ich verliere."

"Warum hast Du dann zugestimmt?"

Ich antworte nicht direkt. "Spielst Du mit Susanne auch so viel?"

Alecia nickt. "Ja, schon. Aber Mama gewinnt ungefähr die Hälfte. Mir ihr hab' ich es nicht so leicht, wie mit Dir."

Und wirklich habe ich heute mehr Pech als sonst. Wobei ich das aber sportlich nehme. Ganz besonders, weil ich mein Töchterchen sowieso nicht so häufig sehe, wie ich gerne würde. Da ist jeder Augenblick kostbar. Deswegen werde ich mich ganz bestimmt nicht über ein verlorenes Brettspiel aufregen!



"Also gut, worum hatten wir gleich wieder gewettet?"

"Du wolltest mir einen Obstteller schnippeln."

"Sollst Du haben", ich mache mich auf den Weg in die Küche.

"Aber bitte den Apfel in kleine Stücke schneiden, Papa!"

"Bist Du immer so anspruchsvoll?"

"Ha, ha!", ich kann ihr 'Schmollen' beinahe hören. "Ich war doch heute beim Kieferorthopäden. Meine Zähne sind inzwischen wieder ziemlich empfindlich. Ich kann momentan nichts Hartes beißen."

"Soll ich dann die Äpfel komplett weglassen?"

"Nein, solange Du sie in kleine Stücke schneidest, geht das schon!"



Eine Minute später erscheint sie im Türrahmen. "Weißt Du was ich wirklich gerne mal wieder machen würde..."

"Was denn?", frage ich, während ich eine Orange schäle.

Alecia druckst herum und will zunächst nicht mit der Sprache heraus. "Dass... dass wir mal wieder etwas zusammen unternehmen. Du weißt schon... so wie jetzt, nur... zu dritt! Ich mit Euch BEIDEN..."

Ich lasse die Orange sinken. "Das ist... »kompliziert«..."

Sie winkt ab. "Schon klar..." Sie bereut, das Thema überhaupt angesprochen zu haben.

Vor drei Jahren haben Susanne - meine Ex-Frau - und ich die Scheidung eingereicht. 'Auseinandergelebt' ist wohl der Begriff, der für solche Situationen verwendet wird. Kein 'böses Blut', sondern einfach unterschiedliche Ansichten.

Solange sie noch nicht volljährig war, hatten wir beide das Sorgerecht für Alecia. Das Mädchen hatte sich aber dazu entschlossen, mehr Zeit bei ihrer Mutter zu verbringen. Und so driften wir langsam immer weiter auseinander.

Dass sie weiterhin versucht, uns wieder zusammenzubringen, ist... nun ja... 'bittersüß'. Und das weiß sie auch selbst. Gleichzeitig hat Alecia aber die Hoffnung auch noch nicht aufgegeben. Und so kommt es, dass sich bald wieder ein Grinsen auf ihren Zügen zeigt.

Mit verschränkten Armen lehnt sie im Türrahmen: "Ich hab' Dir doch erzählt, dass ich auf der Suche nach einer Wohnung bin. Ich will ich meine eigene Bude, wenn das Studium anfängt."

Ich nicke; bei ihrem letzten Besuch hatte sie sich beklagt, wie teuer so eine eigene Wohnung doch sei. Dass sie von mir einen Zuschuss bekommen wird, soll aber noch ein Geheimnis bleiben.

Ihr Grinsen wird breiter: "Sobald ich meine eigenen vier Wände habe, lade ich Euch BEIDE zur Einweihung ein. Dann MÜSST Ihr kommen und dann... dann können wir mal wieder was zusammen machen!" Bevor ich etwas erwidern kann, dreht sie sich um und verschwindet.



Kurze Zeit später komme ich mit dem Teller ins Wohnzimmer. Alecia nimmt sich dann auch gleich einen Apfelschnitz und beißt vorsichtig hinein. "Ja, das geht. Das kann ich kauen."

"Hat Dein Kieferorthopäde heute besonders viel gemacht, dass Deine Zähne jetzt so empfindlich sind?"

"Eigentlich nicht", schüttelt sie den Kopf. "Es ist nur so, dass..." Sie vollendet den Satz nicht und zuckt stattdessen mit den Schultern.

"Ich gestehe, ich war ziemlich erstaunt, als Du vor einem halben Jahr plötzlich Zahnspangen hattest. Als Kind hattest Du Dich ja mit Händen und Füßen dagegen gewehrt."

"Stimmt schon", Alecia läuft leicht rot an. "Weißt Du: Ich hab' inzwischen gemerkt, dass es ziemlich blöde ist, als Einzige noch schiefe Zähne zu haben. Aber als ich das endlich kapiert hatte, war ich schon kurz vor dem Abi. Und das wollte ich dann noch abwarten." Sie zuckt mit den Schultern. "Jetzt ist zwar die Schule vorbei, aber inzwischen bin ich erwachsen. Und das Blöde ist, dass ich die Behandlung jetzt selber bezahlen muss. Daran hatte ich gar nicht gedacht, sonst hätte ich nicht so lange gewartet."

"Aber hat das nicht den 'Vorteil', dass Du jetzt deutlich besser mitarbeitest? Wenn Du jetzt die Behandlung schleifen lässt, ist es ja DEIN Geld, das Du in den Sand setzt..."

Dass Susanne vermutlich den Großteil der Behandlungskosten ihrer Tochter übernimmt, bedarf keiner Erwähnung.

Alecia verdreht die Augen. "Boah, Du bist immer so 'vernünftig'!" Dann zuckt sie mit den Schultern. "Aber Du hast schon irgendwie recht."

"Und? Bist Du mit dem Ergebnis zufrieden? Hast Du Dein Geld gut angelegt?"

"Was soll'n das werden, wenn's fertig ist?", antwortet sie. Ihre Stimme klingt erstaunlich scharf. "Warum fragst Du mich so aus?"

"Darf ich nicht einfach neugierig sein?", gebe ich überrascht zurück. "Ich sehe Dich nur alle paar Wochen. Ich will einfach auf dem Laufenden bleiben. Aber wenn Du nicht darüber reden willst..."

Ich hatte halbwegs erwartet, dass sie tatsächlich das Thema wechselt, doch sie winkt ab: "Nein, passt schon." Dann wiegt sie ihren Kopf. "Ja, im Großen und Ganzen bin ich schon zufrieden."

"Das klingt für mich so, als ob da ein gewaltiges »ABER« folgen würde?"

"So kann man es auch formulieren." Sie seufzt betont laut.

"Was ist denn passiert? Erzähl doch mal."

Alecia zögert, doch dann gibt sie sich einen Ruck: "Hat Dir Mama erzählt, was sich der Kieferorthopäde beim letzten Mal 'Tolles' für mich ausgedacht hat?"

"Nein, es ist schon ein paar Wochen her, dass wir miteinander geredet haben..."

"Eine Außenspange, Papa!", bricht es aus ihr heraus. "Der Idiot kam doch tatsächlich beim letzten Mal auf die glorreiche Idee, dass ich ab sofort so 'n blödes silbernes Zaumzeug tragen soll!"

Ich nicke verstehend: "JETZT verstehe ich, wo Deine 'gute Laune' herkommt. Und warum Dir Deine Zähne mehr als sonst wehtun."

Sie verdreht die Augen. "Ach, hör doch auf!"

"Ich wusste gar nicht, dass solche Spangen überhaupt noch eingesetzt werden. Ich dachte, das seien Relikte der 80er Jahre."

"Schön wär's!", echauffiert sie sich. "Aber beim letzten Termin hatte er plötzlich den Metallbogen in den Händen und hatte lapidar gemeint: »Das wird wohl jetzt eine Überraschung für Sie sein...« Selten so gelacht! Ich bin aus allen Wolken gefallen, als er mir das Teil umgeschnallt hat."

"Das kann ich gut glauben. Du hast denn vorher nicht gewusst, dass so etwas auf Dich zukommt?"

"GAR NICHTS hab' ich gewusst." Alecia schüttelt vehement ihren Kopf. "Darum rege ich mich ja so auf... Er hatte nur lapidar gemeint, dass er schon befürchtet hatte, dass sich meine Behandlung in diese Richtung entwickeln könnte. Und - nachdem das jetzt eingetreten sei - hätte ich jetzt praktisch nur noch die Wahl zwischen einer Kieferoperation und der blöden Außenspange..."

Ich verziehe das Gesicht voller Mitleid: "Beide Alternativen klingen wenig begehrenswert."

"Das kannst Du laut sagen. Aber wenn er das schon geahnt hatte, warum hatte er mir das nicht sagen können? Boah, das nervt. Denn, wenn ich vorher gewusst hätte, was auf mich zukommt..."

"... dann hättest Du zumindest Zeit gehabt, Dich darauf vorzubereiten.", schlage ich vor.

"... dann hätte ich mir einen anderen Arzt gesucht", widerspricht Alecia linkisch.

"Meinst Du denn, dass das Ergebnis bei einem anderen Kieferorthopäden unterschiedlich ausgefallen wäre?"

Nach ein paar Sekunden schüttelt sie ihren Kopf.



"Ist diese neue Entwicklung denn so schlimm für Dich?"

Sie starrt mich an, als ob sie nicht glauben könne, was sie hört: "Papa! Das ist 'ne Außenspange! 'N verflixtes Zaumzeug! Erstens ist das Ding wahnsinnig unbequem. Und zweitens schaue ich damit komplett lächerlich aus!"

"Das glaube ich jetzt nicht", widerspreche ich.

Es ist klar, dass sie mir nicht glaubt.

"Aber - wenn ich fragen darf - wie hast Du Dich entschieden?"

"Wie wohl? Ich hab' doch schon gesagt, dass ich das Ding jetzt seit einem Monat trage!" Sie schaut mich finster an. "Wie soll ich mich denn entscheiden, wenn der Arzt sagt, dass es keine Alternative gibt? Eine Operation will ich nämlich nicht."

"Das will zumindest gut überlegt sein."

Meine Tochter nickt und lässt einen Apfelschnitz durch die Finger wandern. "Als Mama sich dann auch noch auf seine Seite geschlagen hatte, ist es ganz aussichtlos geworden."

"Da muss ich aber Susanne in Schutz nehmen", merke ich an. "Wenn Dein Kieferorthopäde so ein Gerät einsetzt, wird er schon gute Gründe dafür haben. An Deiner Stelle würde ich zumindest mal versuchen, ob..."

Ich kann den Satz nicht vollenden.

"Boah, PAPA! Du auch?" Alecia schaut mich anklagend an.

Ich zucke mit den Schultern. "Du hast es doch selber gesagt, Kind: Du willst nicht die Einzige mit schiefen Zähnen sein."

"Ja, schon... aber... Boah, wenn die Behandlung nicht so teuer gewesen wäre...", beginnt das Mädchen.

Ich unterbreche sie: "DEN Gedanken schlägst Du Dir am besten gleich wieder aus dem Kopf. Du wirst ganz bestimmt nicht Deine Behandlung abbrechen, nur weil..."

"»...nur weil ich so eine dämliche Außenspange tragen muss?« ", vollendet sie den Satz für mich.

"... Deine Behandlung nicht ganz so einfach läuft, wie Du gehofft hattest", korrigiere ich.

"Boah, Papa, Du hast doch keine Ahnung, wie sch***e so ein Teil ist. Ich sag' Dir mal was: Das Teil ist wirklich - WIRKLICH! - sch***e!"

Dann grinst sie plötzlich breit. "Aber ich sag Dir noch was: Du und Mama: Ihr seid Euch immer noch ähnlich. Sie hat nämlich das gleiche gesagt wie Du: »Lass Dir bloß nicht einfallen...« und so weiter."

Ein melancholisches Lächeln auf meinen Zügen. "Hilft es denn, wenn wir beide dasselbe sagen?"

Alecia verdreht die Augen. "Du meinst: »Hab' ich denn noch eine andere Wahl, wenn...« Boah, das wird nervig!"

"Hat der Arzt denn gesagt, wie lange Du diese Spange tragen musst?"

"Kann er noch nicht abschätzen. War ja SO klar!", Alecia schnaubt. "Kann in drei Monaten wieder vorbei sein. Kann aber auch genauso gut sein, dass ich in eineinhalb Jahren noch damit rumlaufen muss."

"Das ist eine ziemlich große Zeitspanne", merke ich erstaunt an. "Ich kann mir aber vorstellen, dass es auch von Deiner Mitarbeit abhängt?"

Sie verdreht ihre Augen. "Danke, Papa, dass Du mich daran erinnerst", ihre Stimme trieft vor Sarkasmus.



"Hast Du das Teil denn dabei?"

Sie nickt "Ich hab's ja vorhin beim Kieferorthopäden tragen müssen. Warum fragst Du?"

Ich lächle: "Na, ich dachte mir einfach: Wenn Deine Mitarbeit so wichtig ist, könntest Du die Spange ja jetzt wieder reinmachen."

Alecia verschluckt sich an einem Stück Banane. "*hust*... aber... *hust* ... garant... *hust* garantiert nicht... *hust* Wie kommst Du denn *hust* auf DIE blöde *hust* Idee?"

Ich versuche, unschuldig dreinzublicken. Keine Ahnung, ob mir das gelingt: "Wenn es so wichtig für Deine Behandlung ist, macht es doch Sinn, die Spange auch tatsächlich zu tragen. Und je mehr Du sie trägst, desto schneller gewöhnst Du Dich daran..."

Ich habe Angst, dass die Augäpfel meiner Tochter aus den Höhlen springen: "Boah, Papa. Du bist schon genauso schlimm wie Mama!"



Ich will gerade zu einer Erwiderung ansetzen, als sie mir das Wort abschneidet: "Das Thema nervt. Ich will nicht mehr drüber reden." Sie deutet auf den Stapel Brettspiele. "Komm, lass uns lieber noch ein Spiel machen."

"Also gut," gebe ich nach. Ich will sie schließlich nicht mehr ärgern als unbedingt sein muss. "Wie lange willst Du heute eigentlich bleiben?"

"Du willst mich schon loswerden?", erwidert Alecia, halb amüsiert und halb nervös. Hat ihre 'schlechte Laune' vielleicht dazu geführt, dass ich für heute genug habe?

"Gar nicht. Ich will nur wissen, ob Du zum Abendessen bleibst. Denn ich habe nichts da. Wir müssten uns Pizza bestellen."

"Klingt doch gut. Ich bin dabei."

"Magst Du immer noch Hawaii-Pizza? Dann bestelle ich für später und Du suchst Dir inzwischen ein Spiel raus?"


 
][img=https://dereferer.me/?https://img.ricardostatic.ch/images/ec155b43-230d-4fa3-a5ee-460dadd20e4d/t_1000x750/spiel-leiterspiel-schmidt-spiele]
Das ist das Spiel, von dem ich rede. Das hatte ich als Kind.


Als ich zurückkomme, hat sie bereits das Spielfeld aufgebaut. "DAS Spiel kenne ich noch gar nicht."

"Das glaube ich gerne", lache ich. "Du hast Dir das älteste Spiel aus meiner Sammlung ausgesucht. Das habe ich schon als Kind gespielt."

"Dann ist es ja steinalt", grinst sie.

"Frechdachs!"

"Magst Du mir die Regeln erklären?"

"Du kennst das »Leiterspiel« nicht? Ist eigentlich ganz einfach", beginne ich. Doch dann kommt mir eine Idee: "Was meinst Du, sollen wir wieder auf den Ausgang wetten?"

"Echt jetzt? DU willst wetten? Nachdem Du schon so oft verloren hast?"

"Irgendwann werde ich auch mal gewinnen", zucke ich mit den Schultern.

"Wenn Du darauf bestehst...", grinst Alecia. "Mal schauen... Wenn ICH gewinne... dann musst Du mit mir am Wochenende Wohnungen besichtigen. Mama hat keine Zeit und ich will nicht alleine."

"Das ist aber eine große Forderung!", begehre ich auf. Nicht dass ich mich jemals weigern würde. Und das ahnt Alecia auch.

Sie grinst frech: "Nicht kneifen Papa!"

"Also gut. Und wenn ICH gewinne, machst Du nach dem Spiel Deine Spange rein und trägst sie, bis Du später gehst."

Die Augen meiner Tochter werden groß. "Echt jetzt?"

"Hast Du das nicht kommen sehen?", lächle ich.

Missmutig schüttelt sie den Kopf. "Will nicht."

Ich lächle: "Was ist denn aus »Nicht kneifen!« geworden?"

"Boah, Papa!" zischt sie mich wütend an. Eine Sekunde später zuckt sie resigniert mit den Schultern: "Was solls. Du gewinnst eh nicht. Von daher ist es ja egal!"



"Ich bin schon fast im Ziel," triumphiert sie eine Viertelstunde später. "Eine »2« oder mehr und ich hab' gewonnen."

"Oder Du stürzt dreißig Punkte ab, wenn Du eine »1« würfelst...", merke ich an.

"Passiert nicht", lacht sie. Und starrt dann missmutig eine Sekunde später auf den Würfel: »1«. Mit einem verkniffenen Gesicht schiebt sie ihre Figur die Leiter hinunter. "Wehe Du gewinnst, Papa!"

Ich würfle und... springe lachend mit einem gewaltigen Satz über die Leiter hinweg ins Ziel.

"Boah! Ne, oder? Das kann doch jetzt nicht Dein Ernst sein..."

"Du glaubst, dass ich geschummelt habe?"

"Natürlich nicht. Aber... aber hast Du unbedingt JETZT gewinnen müssen?"

"Du meinst, ausgerechnet JETZT, wo der Wetteinsatz zum ersten Mal unangenehm für Dich ist?"

Als Antwort verdreht sie nur ihre Augen.

Ich koste meinen Gewinn schamlos aus: "Wie hattest Du vorhin gesagt, Kind: »Willst Du Deine Wettschuld nicht jetzt mal einlösen?« "

Für einen Augenblick habe ich Angst, dass sie das Spielbrett nach mir werfen würde. "Boah, das nervt."

"Ein Vorschlag zur Güte, Kind. Auch wenn Du verloren hast: Wenn Susanne zustimmt, können wir uns ja trotzdem mal treffen. Was meinst Du?"

Alecias Stimmung bessert sich schlagartig. Sie kruscht in ihrem Rucksack und zieht einen flachen Beutel heraus. "Also jetzt kann ich Dir BEINAHE vergeben, dass ich Deinetwegen die blöde Spange reinmachen muss."

"Zu gnädig!"

ENDE